Rezension der Ausstellung "ZEIT - SCHRIFT"

ZEIT – SCHRIFT
Kalligrafie und Sitzobjekte
Zeit beschreiben – Zeit besitzen? Ein Künstlerversuch.

„Was ist die Zeit? Ein Geheimnis, - wesenlos und allmächtig“, so nennt sie Thomas Mann im sechsten Kapitel seines „Der Zauberberg“ und lässt seinen Romanhelden Hans Castorp nachdenken über Bedingungen der Erscheinungswelt und deren Veränderungen, so z.B. über „Jetzt ist nicht Damals, Hier nicht Dort, denn zwischen beiden liegt Bewegung. - Wäre aber keine Zeit, wenn keine Bewegung wäre?“, - ein noch unbekümmertes Philosophieren angesichts seines existentiellen Ringens mit der Zeit.

Konrad Psaier widmet eben diesen Themen seine kalligraphischen Schriftzüge, deren schwungvolle Federführung das Flieβen und Verflieβen der Endlichkeit symbolisieren und das zeitlich Unfassbare der Gegenwart, als Schnittpunkt zwischen noch nicht ereigneter Zukunft und bereits vollzogener Vergangenheit, erahnbar machen. Schrift entsteht durch Linien, die jeweils aus aneinander gereihten Punkten bestehen, welche über die begriffliche Aussage hinweg zu einer neuen Interpretation, zu einer Kunstmetapher verklärt werden.

Von der Flüchtigkeit des Zeitsinns ist auch Elisabeth Frei angetan. Archaisch zeitlos wirken ihre Stuhlobjekte, die sie aus unzähligen, zu Papierfasermasse gekneteten „Die Zeit“ -Ausgaben zu neuer Bestimmung umformt: “Was bleibt nach dem Lesen? Zeitungen behandeln Themen aus der Vergangenheit. Wenn sie gelesen werden, empfinden wir sie als gegenwärtig, vergessen werden sie in der Zukunft. Die Zeitung ist die Konserve der Zeit, daraus mache ich Stühle als Zeitkonserven. Auf den Nachrichten von gestern kann man sich ausruhen…“.

Georg Demetz