Rezension der Ausstellung "Baumzeiten"
In Brixen vollendet sich Elisabeth Freis Baum-Zyklus in der Synthese „Baumzeiten“
Elisabeth Frei beschäftigt sich in ihrem künstlerischen Schaffen mit dem großen Thema Natur, in welchem die Bäume eine zentrale Rolle einnehmen. Sie findet ihre »Modelle« in unmittelbarer Nähe ihres Wohnortes Lajen, wo diese auf den sonnigen Berghängen gewachsen und von der Umwelt geprägt worden sind. Viele dieser Bilder sind im Freien unter den weit ausladenden Ästen der Bäume entstanden, auf diese Weise verarbeitet die Künstlerin unmittelbar und unverfälscht ihre Eindrücke. Sie zeigt den lebenden Baum genauso wie den toten, von dem nur mehr zersägte Teile erhalten sind.
In St. Ulrich präsentierte sie 2010 in der ersten Ausstellung »Verwurzelt« die Verankerung im Boden, aus dem die mächtige Stämme dem Licht entgegen wachsen. Die Rinde, wie die Haut des Menschen, ist dem Wetter und allen Umwelteinflüssen ausgesetzt, sie schützt den Baum, aber sie erleidet auch viele Verletzungen, die als Narben zurück bleiben.
Die Zweige recken sich den Armen gleich in die Luft, greifen nach dem Sonnenlicht und nach der erquickenden Luft; zugleich winden sie sich in alle Richtungen nach den bestmöglichen Chancen. Unter diesem Motto stand der zweite Teil des Zyklus »Verzweigt« in Sarnthein im darauf folgenden Jahr.
Ebenfalls 2011 kam in Tscherms »Lichtblicke« hinzu, in dem die Birke im Mittelpunkt stand. Dieser Baum, der entsprechend den Überlieferungen aus mythischen Zeiten als »Lichtbaum« bezeichnet wird, wird im Dialog zur Helligkeit gestellt. Die Ausstellung in Brixen fasst alle Werke zusammen, der Besucher nimmt an der malerischen Forschungsreise der Künstlerin teil, in großformatigen Bilder analysiert sie das Wesen der Bäume, ihre Strukturen und Farben, ihr Werden und ihr Vergehen. Die Bilder, zwischen Aquarell und Mischtechnik, sind hauptsächlich in warmen Tönen gehalten, die Darstellungen wandeln sich vom Gegenständlichem zur Abstraktion, stehen die lebenden Bäume noch sehr organisch im Raum, löst sich bei den zerschnittenen Teilen die Form in ihre Bestandteile auf, auch die Farben werden auf wenige Töne reduziert. Der Baum als Metapher des Lebens wächst, gedeiht und zerfällt am Ende, das Lebensbejahende wandelt sich zur Melancholie.
Dr. Samantha Schneider
01.03.2012